Vom „Sujet zum Bild“ hieß 2007 eine großartige Lyonel-Feininger-Ausstellung im Pommerschen
Landesmuseum in Greifswald und griff damit eine besondere Arbeitsweise des Bauhausmeisters und einzigartigen Künstlers auf. Viele Motive zeichnete, skizzierte er immer und immer wieder. Genauer Standort und Zeit änderten sich, das Interesse beziehungsweise die Faszination zum entsprechenden Ort blieben. Daraus entstanden dann Jahre nach den ersten gestalterischen Auseinandersetzungen vor Ort weltbekannte Ölgemälde, Aquarelle sowie unzählige druckgrafische Arbeiten.
In dieser Zeichnung erkundet Feininger das Rostocker Tor von der Innenstadt her. Angrenzende
flankierende Häuserreihen der Langen Straße führen direkt an das Nadelöhr, die Tordurchfahrt. Das Torwärterhäuschen schmiegt sich südlich seinerzeit noch an das Tor. Allein mit diesem kleinen Detail schafft Feininger unglaubliche Tiefe und Räumlichkeit, selbst aus der erheblichen Entfernung eines Betrachters. Sonnenbeschienene Flächen innerhalb und hinter den gotischen Bögen locken geradezu, neugierig aus dem Tor heraustreten zu wollen. Was mag dahinter sein?
Feininger als passionierter Fahrradfahrer, ausgestattet mit möglichst dem neusten Modell, pendelte ziemlich wahrscheinlich zwischen Graal, seinem zeitweisen Sommerwohnsitz, und der Ribnitzer Region. Er wird sicher erfreut darüber gewesen sein, dass es in Ribnitz ein über den Fernsprecher Nummer 8 erreichbares Brennabor- und Wanderer-Fahrrad-Geschäft gab. Friedrich Stoldt annoncierte als „Vertreter von Ribnitz und Umgebung…. (auch) sämtliche Zubehörteile.“ Er versprach weiterhin, sämtliche „Reparaturen schnell und billigst“ auszuführen. Zwei Damgarten-Zeichnungen Lyonel Feiningers von 1905 zeigen die Barther Straße und tatsächlich einen Fahrradfahrer auf dem nordwestlichen Bürgersteig. Ob es ein Einheimischer oder gar er selbst sei, bleibt ein Geheimnis.